Claude Vivier: Kopernikus
26. Oktober 2012
Eine Familie. Alltägliche Rituale, Rituale des Alltags – doch etwas hat sich verändert: Zeit, Raum und Körperlichkeit beginnen zu schwinden, Traum und Realität durchdringen sich. Wer ist die geheimnisvolle Fremde, die plötzlich in ihre Mitte tritt? Ist es der Tod, den alle in den Sternen sehen? Oder schauen sie vom Tod ins Leben? Wer ist Kopernikus?
Es ist der Momentdes Übertritts von der einenWelt in eine andere, in das Zwischenreich, den der Frankokanadier Claude Vivier in seiner einzig vollendeten Oper Kopernikus (1978/79) zelebriert. Ohne konkrete Handlung erlebt der Zuschauer ein Stück surreales Musiktheater. Die sieben Sängerinnen und Sänger wechseln in oszillierenden Rollen zwischen einer Vielzahl kleiner Szenen hin und her, werden als herkömmlich handelnde Individuen nicht greifbar. Immer wieder verschmelzen ihre Partien zu einem mehrstimmigen Ensemblegesang und eigenwilligen Chorälen, die den rituellen Charakter der Oper unterstreichen.
Viviers höchst eigenwillige Klangsprache, die Einflüsse Messiaens und fernöstlicher Musik verrät, verleiht dem Werk im Zusammenspiel mit der ritualisierten Aktion eine sakrale Aura, die in der Freiburger Christuskirche besonders gut zur Geltung kommt. Der Tod als ultimatives Kunstwerk!
Mit Viviers bedeutender Oper Kopernikus bringt die Young Opera Company erneut ein rares Stück Musiktheater auf die Bühne, das die Genialität der Musiksprache eines hierzulande noch viel zu wenig beachteten Komponisten zum Ausdruck bringt. Das Regieteam um Hendrik Müller (Die Stumme Serenade, Young Opera Company 2009), ZMF-Preisträgerin Juliane Hollerbach (Choreographie) und der russischen Künstlerin Lena Lukjanova hat hierfür Elemente aus Musik-, Tanztheater und Bildender Kunst zu einer imaginativen Bilderwelt verschmelzen lassen.