Bedford: Through His Teeth & Monteverdi: Il Combattimento

Premiere
8. Oktober 2016
Fake and Error

Die Opera Factory Freiburg spannt in ihrer neuen Musiktheaterproduktion Fake and Error einen Bogen über fast 400 Jahre Operngeschichte: Sie kombiniert die Kammeroper Through His Teeth (2014) des jungen britischen Komponisten Luke Bedford als Deutsche Erstaufführung mit Claudio Monteverdis dramatischem Madrigal Il Combattimento di Tancredi e Clorinda (1624). Monteverdis Musik wird hierfür von Klaus Simon für das von Bedford verwendete Instrumentarium neu eingerichtet.

Beide Stücke erzählen einen erbitterten Kampf der Geschlechter: Wird in Bedfords Stück eine Frau materiell, psychisch und sexuell abhängig von einem notorisch lügenden Mann, begegnet sich bei Monteverdi ein Liebespaar aus verfeindeten Kriegslagern auf dem Schlachtfeld des Ersten Kreuzzugs und bekämpft sich unerkannt bis zum Tod. In beiden Stücken steht zentral eine Erzählerinstanz kommentierend und beschreibend zwischen Mann und Frau. Die Kombination beider musikalisch äußerst gegensätzlicher Werke konfrontiert das scheinbar Unvereinbare. Bedford und Monteverdi begegnen sich auf Augenhöhe ebenso wie die beiden inhaltlich so verschiedenen, formal jedoch so verwandten Erzählungen.

Detaillierte Psychodokumentarik trifft auf anspielungsreiche Allegorie, der windige Gebrauchtwagenhändler und seine ihm verfallene Geliebte sehen sich im fernen Spiegel der missionierenden Kreuzfahrer. Beinahe archaische Generalbassharmonien und das erste Streicherpizzicato der Musikgeschichte stehen auf engstem Raum neben einer wahrhaft spannenden, nervösen, von Viertelton-Harmonik geprägten Postmoderne. Torquato Tassos vormodernes Italienisch begegnet dem abgeklärten Slang von Bedfords Librettisten David Harrowers. All das in weniger als 90 Minuten – ein kleines Kammer-Welt-Theater.

Luke Bedford (*1978) gilt als wichtiger Vertreter der jungen britischen Komponistengeneration und wurde bereits mit dem Ernst-von-Siemens-Förderpreis geehrt. Der Regisseur Hendrik Müller wird nach Korngolds Die stumme Serenade und Viviers Kopernikus seine dritte Arbeit mit der Opera Factory Freiburg zeigen. Die Ausstatterin Claudia Doderer und drei renommierte SängerdarstellerInnen, namentlich Siri Karoline Thornhill, Sirin Kilic (die am Theater Freiburg bereits Aufsehen in Ludger Vollmers Gegen die Wand erregte) und Georg Gädker, werden ihr Debüt bei der Opera Factory Freiburg geben. Als Instrumentalensemble fungiert die Holst-Sinfonietta unter Klaus Simon.

Jeweils 45 Minuten vor Aufführungsbeginn findet eine Einführung mit Dr. Cornelius Bauer statt.

Eine Produktion der Opera Factory Freiburg in Kooperation mit dem E-Werk Freiburg. Gefördert von: Kulturamt der Stadt Freiburg, Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg. Mit freundlicher Unterstützung von: Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau.

Fotos: Sebastian Düsenberg

Kritiken

nmz – neue musikzeitung

13. Oktober 2016

„Brilliante deutsche Erstaufführung von Luke Bedfords Kammeroper „Through his teeth“ in Kombination mit Monteverdis „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“ durch die Opera Factory Freiburg [...] in einem intensiven, präzisen und berührenden Opernabend im Freiburger E-Werk. Mit „Fake and Error“, Schwindel und Irrtum, haben die freien Freiburger Opernmacher ihre eindrucksvolle Produktion überschieben. [...] Regisseur Hendrik Müller bleibt abstrakt und untersucht mit analytischer Klarheit und kluger Personenführung die Mann-Frau-Beziehungen. [...] Luke Bedfords Partitur (Libretto: David Harrower), die von der von Klaus Simon dirigierten Holst Sinfonietta so präzise wie farbig umgesetzt wird, steht ganz im Dienst des dramatischen Geschehens. [...] Mit ihrem klaren, schlackenlosen, über eine mühelose Höhe verfügenden Sopran vermittelt Siri Karoline Thornhill ein vielschichtiges Psychogramm der verführten und betrogenen Frau. Auch Georg Gädker ist seinem geschmeidigen Bariton und seiner darstellerischen Wucht ein Täter, der viele Nuancen hat. Mit Sirin Kilic als attraktive Interviewerin, die sich vor allem selbst inszeniert und immer mal wieder ihren Lippenstift nachzieht, ist das großartige Solistentrio komplett.“ Georg Rudiger

Badische Zeitung

10. Oktober 2016

„Dieses Mal war’s keine Täuschung, sondern ein Irrtum, weshalb der Abend, der die beiden Werke kombiniert, von Regisseur Hendrik Müller und Dirigent Klaus Simon den Titel „Fake & Error“ verpasst bekam. [...] Auf musikalischer Ebene funktioniert der Kunstgriff übrigens auch exzellent. [...] Bedford arbeitet mit Vierteltonintervallen, löst aber die daraus resultierenden extremen Spannungen nach konservativeren Mustern auf; vor allem aber ist sein Sprachduktus linear, in einem postmodernen Sinne melodisch. [...] Siri Karoline Thornhills zart geführter, obertonreicher lyrischer Sopran und Georg Gädkers kraftvoll weicher Bariton weben ein dichtes Vokalgeflecht. Und Sirin Kiliç begeistert mit ihrem klar artikulierenden Mezzosopran, meistert auch die Ornamente bei Monteverdi mit beeindruckender Klangschönheit. Das Publikum reagiert begeistert auf diesen unkonventionellen Abend.Alexander Dick

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