Ullmann: Der Kaiser von Atlantis & Schreier: Atlantis

Premiere
13. Oktober 2018
Kammeroper von Viktor Ullmann mit Prolog und Epilog von Anno Schreier

 Für ihre diesjährige Opernproduktion hat sich die Opera Factory Freiburg für Viktor Ullmanns Kammeroper Der Kaiser von Atlantis entschieden, welche 1943-1944 im KZ Theresienstadt entstand. Angesichts dieses Entstehungsrahmens erscheint der Stoff des Bühnenwerkes ob seiner zeitgenössischen Bezugnahme geradezu tollkühn gewählt: Die Titelfigur ist ein willkürlich schlachtender omnipotenter Herrscher, doch selbst ein solcher Tyrann bedarf eines Komplizen – nämlich des Todes. Aber dieser verweigert just dem, der ihm so reiche Ernte brachte, die Gefolgschaft...

Die Opera Factory Freiburg führt Ullmanns Kammeroper (5 Sänger, 14 Instrumente) ab dem 13. Oktober 2018 im Freiburger E-Werk in insgesamt fünf Vorstellungen auf. Eine wie immer handverlesene Besetzung international renommierter Sänger/innen wird begleitet von der Holst-Sinfonietta und musikalisch geleitet von Klaus Simon. Joachim Rathke (Regie), in Freiburg bereits bestens bekannt (Kein Ort. Nirgends, L’Heure espagnole, The Carbon Copy Building), steht vor der Herausforderung, dieses Werk heute in einer unserer Zeit angemessenen Weise aufzuführen, ohne es platt zu aktualisieren.

Eine in Kälte erstarrte Welt, eine postapokalyptische Gesellschaft, in welcher alle Grausamkeit schon einmal vorgekommen ist, bildet dabei den Rahmen, innerhalb dessen die Figuren den Kaiser von Atlantis quasi als Zeitvertreib spielen. Hierzu wird Ullmanns Werk durch die Uraufführung des Auftragswerks Atlantis vom bekannten Karlsruher Komponisten Anno Schreier umrahmt, das als Vor- und Nachspiel zum Kaiser von Atlantis fungieren wird. Weitere Musik Viktor Ullmanns wird in Gestalt von fünf Liedern (teilweise arrangiert von Klaus Simon für Ensemble – ebenfalls als Uraufführung) in die Oper integriert. So wird Ullmanns kurzes Stück zu einem kompletten Theaterabend über eine Welt, wie sie nicht sein sollte, dabei davon träumend, wie sie vielleicht besser sein könnte.

 
Musikalische LeitungKlaus Simon
Regie, KostümeJoachim rathke
BühneMelanie Kintzinger, nach einer Idee von Heike Mondschein
DramaturgieCornelius Bauer

Solisten Ekkehard Abele Bariton
Nikolaus Meer Bass
Keith Bernard Stonum Tenor
Lena Kiepenheuer  Sopran
Sybille Fischer Sopran
Holst-Sinfonietta



Kritiken

Badische Zeitung

15. Oktober 2018

„[...]Bei Klaus Simon und seiner Holst-Sinfonietta ist diese Disparatheit in besten Händen. Der Dirigent zeigt einmal mehr, wie nah ihm die vergessene und verfemte Musik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht; intim, sinnlich, warm die Streicher – stimmig, sonor die Holzbläser, die mit Saxophon, kleinem Schlagwerk und Akkordeon auch einen pulsierenden Fox oder Shimmy glaubhaft aufs Parkett legen können. Simons musikalischer Kunstgriff reicht aber auch ins Konzeptionelle. In das nicht einmal einstündige Werk implantiert er fünf Lieder Ullmanns aus früheren Jahren, vier davon selbst instrumentiert und so uraufgeführt. Mit seinen Orchestrationen fügt sich Simon bruchlos und stimmig in Ullmanns Klangwelt ein. Um den Abend hat Anno Schreier eine Art instrumentale Klammer komponiert – "Atlantis" als Prolog und Epilog. Die schreitende, sich durch Modulationen sehr langsam verändernde Instrumentalmusik verrät den Respekt des in Karlsruhe lehrenden Komponisten: eine intime, sehr dienende Annotation.

Last but not least – die Sänger: Ob Ekkehard Abeles lyrisch bis machtvoll dunkler Kaiser, Nikolaus Meers potenter Tod und Lautsprecher, Keith Bernard Stonums tenora-leichtgängiger Harlekin und Soldat, Sibylle Fischers elektrisierend mezzotimbrierter Trommler oder Lena Kiepenheuers hell und zart besaiteter, in der Höhe durchschlagender Bubikopf – das hat große Qualität und unterstreicht eines: Die Opera Factory beschert der Musikstadt Freiburg eine nicht mehr wegzudenkende Farbe.“ Alexander Dick

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